Ein Bild weckte mein Interesse: Die Oscar-nominierte Schauspielerin Sandra Hüller im Wind, als Gallionsfigur der Seenotrettung. Ab Sommer 2024 soll der Rettungskreuzer Sea-Eye5 Schiffsbrüchige im Mittelmeer retten. Um das Jahresbudget zu finanzieren, will die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger 3.000 Dauerspender*innen finden, die als Schiffspat*innen den Betrieb des Rettungskreuzers mit monatlich 16,67 Euro sicherstellen. Sandra Hüller geht voran.
Sandra Hüller, 1978 in der damaligen DDR geboren, wurde für ihre Rollen in den Filmen Anatomie eines Falls und The Zone of Interest vielfach ausgezeichnet.
Europa ist eine Festung. An deren Südflanke bildet ein Meer die 4000 km lange Grenze. Das Mittelmeer trennt Europa und Afrika. Auf dem wie ein Faustkeil anmutenden afrikanischen Kontinent, nach Asien dem zweitgrößten der Erde, leben 1,4 Milliarden Menschen – mit einem Durchschnittsalter von 19,5 Jahren.
In Europa (ohne Russland) leben 448 Millionen Menschen – das Durchschnittsalter beträgt 44,5 Jahre.
Afrika gilt als die Wiege der Menschheit. Von dort stammt nachweislich der moderne Mensch, der Homo Sapiens.
Um diesen an Resourcen reichen Kontinen gab es ab 1880, in der Hochphase des europäischen Imperialismus, einen Wettlauf, an dessen Ende die brutale Kolonialisierung weiter Teile des Kontinents stand.
Der Handel mit Menschen war eines der lukrativsten, aber auch perversesten Geschäftsmodelle. Von den 333 Millionen Menschen, die in den USA leben, sind 43 Millionen Schwarze, deren Vorfahren meist als Sklaven aus Afrika in die USA verkauft worden waren. Das Durchschnittsalter der Amerikaner beträgt 38 Jahre.
Nach dem 2. Weltkrieg strebten die meisten afrikanischen Nationen nach Unabhängigkeit. Doch als Dritteweltländer wurden sie von den Ländern der Ersten Welt in Abhängigkeit gehalten. Ihre Ressourcen wurden zu Dumpingpreisen eingekauft, die westlichen Produkte zu überhöhten Preisen an sie verkauft.
Weltweit leben mehr als 700 Millionen Menschen in extremer Armut – davon rund 60 Prozent in Afrika südlich der Sahara.
Aus der für viele Afrikaner*innen auswegslosen Lage versuchen die Verzweifeltsten oder Mutigsten nach Europa zu fliehen – die meisten über das Wasser. Ein sehr riskantes Unternehmen. Dieser Weg gilt als die tödlichste Fluchtroute der Welt. Es wird vermutet, dass zwischen 2004 und 2013 6200 Menschen im Mittelmeer ertrunken sind.
Legal können diese Menschen nicht in die EU einreisen. Die Grenzagentur Frontex hat den Auftrag, die Außengrenzen der EU zu überwachen. – Und zu schützen?
Nach meist lebensgefährlichen Fluchten treffen diese Menschen an der Küste Nordafrikas auf ein Geschäftsmodell: Eine Schleppermaffia bietet den Geflüchteten an, sie, gegen gute Bezahlung, 1000 – 5000€, meist in primitiven Booten übers Meer bis an die Küste Europas zu bringen. Viele Boote erleiden Schiffbruch. Sie havarieren auf offener See, sind auf Hilfe angewiesen, hoffen auf Rettung.
Das weiß auch die EKD. Die Schlepper setzen darauf, dass die Großzahl derer, die sie in den Booten zur illegalen Einreise auf den Weg nach Europa schicken, im Notfall gerettet werden.
Diese Hilfe leisten Boote– wie der von Sandra Hüller getaufte Rettungskreuzer Sea-Eye5. Taufen – untertauchen, mit geweihtem Wasser den Kopf übergießen, im Namen des Herrn Jesus Christus ein Bündnis eingehen, Aufnahme in eine Gemeinschaft finden, vor dem Bösen, dem Teufel geschützt sein. Die Bedeutung des Rituals der Taufe lässt sich nicht in wenige Worte fassen, so überwältigend ist seine Geschichte.
Es ist mir eine große Ehre, Patin der Sea-Eye5 zu sein. Jeder Mensch hat ein Recht auf Freiheit, Frieden und Sicherheit. Die Teams der Seenotrettung leisten eine unverzichtbare Arbeit, die oft über Leben und Tod entscheidet. Ich möchte diese wertvolle Mission unterstützen und dazu beitragen, dass Menschen in Not die dringend benötigte Hilfe erhalten,
sagt Sandra Hüller.
Die Sea-Eye5 gehört zu einer von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiierten United4Rescue Allianz.
An dieser Stelle werde ich nachdenklich. Wäre es nicht richtiger, wenn sich so eine mächtige Organisation wie die EKD – mit aller Macht und allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – vorrangig für die Beseitigung der Fluchtursachen einsetzen würde?
Eine Statistik aus dem Jahr 2023 besagt, dass die katholische und die evangelische Kirche zusammen 12,43 Milliarden Euro durch die Kirchensteuer eingenommen haben, Bischöfe oder Kardinäle bis zu 12.000 € im Monat verdienen .
Alle Flüchtlinge haben Handys mit ausreichender Stromversorgung von Powerbanks. Rufen sie mit diesen nur um Hilfe oder sehen sie auf den verschiedenen Kanälen auch Bilder und Berichte, z.B. von schwarzen Stars des europäischen Fußballs, die Millionen verdienen? Dass den sich in Lebensgefahr befindenden Boatpeople von privatoperierenden Rettern geholfen wird, darauf setzt die Schleppermaffia. Sitzen Kirche und Schlepper in einem Boot? Gehört Hilfe in Not nicht zum Geschäftsmodell der Kirchen?
Wie geht es den Menschen, die Europa erreichen? Sie kommen in Lager, bleiben dort Monate, Jahre – sind ungeliebt. Auch die, die es schaffen, als Geflüchtete eine Anerkennung zu bekommen, werden in den Ankunftsländern selten integriert, bleiben Außenseiter, werden von rechten Gruppierungen verfolgt.
Zunehmend schottet Europa sich gegen illegale Migranten ab. Ist es dann korrekt, dass die Seenotretter diesen helfen nach Europa zu kommen, statt sie nach Afrika zurückzubringen?
Wie dubios und korrupt das Geschäft mit Flucht und Rettung ist, zeigt, dass die Organisation United4Rescue, die die Sea-Eye5 aufs Meer bringt, von der Bundesregierung mit 8 Millionen Euro suventioniert wird. Vorsitzender des Vereins United4Rescue ist Thies Gundlach, Lebensgefährte der grünen Spitzenpolitikerin Katrin Göring-Eckhardt. Vetternwirtschaft im NGO-Geschäft? Die NGOs Teil der Asylindustrie?
Länder sind ohne Grenzen schwer denkbar. Länder gibt es nur, wenn sie sich untereinander achten und respektieren. Die Einreisebestimmungen für die Festung Europa sind im Schengener Abkommen geregelt. Die EU-Außengrenzen werden gegen illegale Einreise gesichert, innerhalb der EU gilt der freie Personenverkehr.
Dem steht entgegen, dass es im Mittelmeerraum Zugbrücken gibt, die unterlaufen werden können – um im Bild der Festung zu bleiben. Diese Schlupflöcher müssen geschlossen werden, so verlangt es das Gesetz. Lückenlose Überwachung der Grenzen durch Drohnen ist möglich. (Siehe aktuell die Grenze der Ukraine zu Russland mit Unterstützung von Elon Musk). Jedes Boot, das das Hoheitsgebiet eines afrikanischen Landes verlässt, muss registriert und darauf hingewiesen werden, dass es verboten ist, die Seegrenze in europäisches Hoheitsgebiet illegal zu überqueren – dass es an der Einreise gehindert wird und mit Zurückweisung rechnen muss.
Wenn Europa in der Frage zu keiner erfolgreichen Praxis findet, wird die Wirtschaft unüberwindbaren Schaden nehmen und rechtspopulistische Strömungen werden Zulauf verzeichnen.
Diese No-Entry-Politik muss verbunden sein mit einer Strategie der Gemeinsamkeit – die Fluchtursachen zu mindern, zu beseitigen. Europa zieht nach Afrika, nicht als Kolonialist, sondern als Partner.
Den 2% Militärausgaben sollten 2% Entwicklungshilfe aus dem Bundeshaushalt gegenüberstehen.
Wie solch ein Wille Wirklichkeit werden kann, hat China Europa mit dem Forum für die Kooperation zwischen China und Afrika Anfang September in Peking vorgemacht. Staatchef Xi empfing persönlich 50 Regierungschefs (gab es darunter auch Frauen?) aus Afrika – eine Wertschätzung, die die Afrikaner aus dem Westen nicht unbedingt gewohnt sind.
Selbst UN-Generalsekretär António Guterres kam nach Peking. Sie können auf den vollen Einsatz der UN zur Unterstützung einer starken China-Afrika-Partnerschaft setzen, sagte Guterres und verwies dabei auf gemeinsame Ziele wie Frieden, nachhaltige Entwicklung und Menschenrechte.
Die Volksrepublik hat den Ländern Afrikas zur richtigen Zeit die richtigen Angebote gemacht.
Und Europa? Deutschland streitet sich derzeit über das Thema Asylpolitik. – Zu Tode?
Der Wind in den Segeln der Meerjungfrau, Nixe, Gallionsfigur Sandra Hüller – Schutzpatronin der Boatpeople – weht er in die richtige Richtung?
Wie wäre es mit einem frischen Blick auf die Probleme der Welt? Das Freund-Feind-Denken muss beendet werden. Den gemeinsamen Anliegen, über alle Widersprüche hinweg, gehört die Zukunft. Segel setzen, hart am Wind. Ahoi.
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